User Experience (UX) für Onboarding smarter Produkte per App - Best Practice

In der heutigen Welt der Digitalisierung sind intelligente IoT-Produkte nicht mehr wegzudenken. In diesem Blogartikel möchten wir Ihnen einen Einblick in die Entwicklung einer Companion-App geben, wobei wir besonderes Augenmerk auf die User Experience (UX) im Onboarding-Prozess legen.

Thanh Ly — Senior UX Designer

6. August 2024

REHAU, einer der führenden Premium-Marken für polymerbasierte Lösungen im Bau-, Automobil- und Industriebereich, hat uns mit der Entwicklung einer App beauftragt, die die Nutzung des hauseigenen smarten Wassersicherheitssystems RE.GUARD 2.0 ermöglicht. Diese besteht aus einer smarten Wassersteuerung innerhalb der Leitungen und dem dazugehörigen Wassermelder. Dieses innovative System kann Wasserleckagen erkennen und den Wasserverbrauch erfassen, wodurch sowohl Privathaushalte als auch Unternehmen von präventiven Maßnahmen und effizientem Ressourcenmanagement profitieren können.

Unser Vorgehen

Der Onboarding-Prozess im Allgemeinen ist der initiale Schritt, bei dem ein Gerät mit der Cloud verbunden wird, um es aus der Ferne steuern zu können. Ein reibungsloses und intuitives Onboarding ist entscheidend für die Akzeptanz und Zufriedenheit der Nutzer und somit den Erfolg eines Produkts. Die Entwicklung einer benutzerfreundlichen App erfordert eine sorgfältige Planung und Umsetzung. Unser Ziel war es, den Onboarding-Prozess so einfach und verständlich wie möglich zu gestalten.

Dafür haben wir eine Reihe von bewährten UX-Methoden angewendet, um die Benutzererfahrung zu optimieren und den wichtigen Einstieg für die Nutzer zu erleichtern.

Ein Überblick der Methodik:

  • Remote Kick-Off Workshop
  • UX-Review der bestehenden App
  • Qualitative Nutzerbefragung
  • Konzeptionsphase: Wireframing und User Flows
  • Implementierung der Onboarding-Strecke

Remote kick-off workshop

Ein wesentlicher Bestandteil unserer Vorgehensweise war ein Kick-off Workshop. In diesem Workshop kamen alle relevanten Stakeholder zusammen, um ein gemeinsames Verständnis der fertigen Lösung zu entwickeln und die Ziele des Projekts klar zu definieren. Ein zentrales Element dieses Workshops war die Erstellung einer Nutzen/Aufwand-Matrix. Diese Matrix half uns, die wichtigsten Funktionen zu priorisieren, indem wir den erwarteten Nutzen für die Nutzer gegen den erforderlichen Entwicklungsaufwand abwogen.

Die Teilnehmer des Workshops, einschließlich Vertreter des Kunden und unseres Design- und Entwicklungsteams, brachten ihre unterschiedlichen Perspektiven ein. Durch diese kollaborative Herangehensweise konnten wir sicherstellen, dass alle wesentlichen Anforderungen und Erwartungen berücksichtigt wurden. Der Kick-Off Workshop diente als Leitfaden für die weitere Entwicklung und half uns, den Fokus auf die wichtigsten und wertvollsten Funktionen zu legen.

UX-Review der bestehenden App

Parallel wurde ein umfassendes UX-Review der bestehenden App unseres Kunden durchgeführt. Bei unserer UX-Review haben wir die aktuelle Benutzeroberfläche und -erfahrung analysiert, um Schwachstellen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Unser Fokus lag u.a. auf der Identifikation von Problemen wie komplizierte Anweisungen, technische Hürden und unklare Schritte.

Bei der Überprüfung der App bedienten wir uns u.a. an der Norm ISO 9241-110 mit dem Titel „Interaction Principles“. Diese enthält 7 sogenannte Interaktionsprinzipien, die bei der Gestaltung jeder Benutzungsschnittstelle (User Interface) anwendbar sind, unabhängig davon, ob es um Software, Hardware oder eine Kombination aus beidem geht.

Es war uns schnell ersichtlich, dass dem alten Onboarding u.a. angemessene Hilfestellungen fehlten und zusätzlich Berechtigungsprobleme bestanden, die ein Weiterkommen gänzlich verhinderten. Aus UX-Sicht eines der schlimmsten Ereignisse.

Qualitative Nutzerbefragung

Von REHAU-Seite wurde uns die Zielgruppe kommuniziert, was uns dazu befähigt hat eine Nutzerbefragung durchzuführen. Dies taten wir mit einem Gas-Wasser-Installateur, einem Hausbesitzer und IoT Experten.

Diese Befragungen halfen uns, ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse, Erwartungen und Herausforderungen der Endnutzer zu gewinnen. Durch direkte Gespräche und gezielte Fragen konnten wir wertvolle Einblicke in die tatsächlichen Nutzungsszenarien und Präferenzen der Anwender gewinnen.

Im Bereich UX ist es von großer Bedeutung, vorab mit der Zielgruppe zu sprechen. Nur durch das direkte Feedback der Nutzer können Entwickler und Designer sicherstellen, dass die Lösungen tatsächlich den Bedürfnissen entsprechen und praktikabel sind. Nutzerbefragungen ermöglichen es, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und die Entwicklung entsprechend anzupassen, wodurch kostspielige Fehler und Nacharbeiten vermieden werden. Sie fördern zudem eine stärkere Nutzerbindung, da die Anwender das Gefühl haben, dass ihre Meinungen und Bedürfnisse ernst genommen und berücksichtigt werden.

Zwar war unsere Stichprobe nicht groß, aber oftmals muss man als UX-Designer auch Kompromisse eingehen und pragmatisch denken, um den Spagat zu schaffen zwischen Zeit, Anforderungen und dem vorhandenen Budget. Es war dennoch ein Anfang und gab uns Sicherheit nicht in die falsche Richtung zu entwickeln. Wer agil arbeitet, dem ist diese Vorgehensweise bestens bekannt – „progress over perfection“.

Konzeptionsphase: Wireframing und User Flows

Nach der Analysephase begannen wir mit der Konzeptionsphase. Wir entwickelten in Figma Wireframes und User-Flows, die als visuelle Blaupause für die neue App dienten. Dies half uns, die Struktur und den Fluss des Onboarding-Prozesses klar darzustellen und sicherzustellen, dass alle notwendigen Schritte logisch und intuitiv angeordnet sind.

Wir arbeiten stets interdisziplinär, denn gerade bei einem Onboarding spielen nahezu alle technischen Disziplinen eine Rolle. Bei der Ausgestaltung halfen uns auch unsere Onboarding-Bausteine, auf welche wir bereits im Artikel „Onboarding Bausteine“ näher eingegangen sind. Kurz zusammengefasst sind die Bausteine die wesentlichen Lösungsschritte eines Onboardings, welche aber je nach Produkt, Anforderungen oder auch Budget individuell angepasst werden sollten. Im Endergebnis kann das Onboarding immer erfolgreich durchgeführt werden, aber jede Entscheidung hat eine andere Auswirkung auf das Gesamte Benutzererlebnis.

Implementierung der Onboarding-Strecke

Ein bekanntes Zitat von Albert Einstein lautet: “Wenn ich eine Stunde habe, um ein Problem zu lösen, dann beschäftige ich mich 55 Minuten mit dem Problem und 5 Minuten mit der Lösung."

Nach dem das big Picture klar war, war die letztendliche Implementierung nahezu ein Kinderspiel. Wenn auch bei einer agilen Arbeitsweise oftmals neue Diskussionsthemen erst während der Implementierung auftauchen, so konnten wir uns sicher sein, dass wir stets auf dem richtigen Weg sind.

Da Bilder mehr sagen als 1000 Worte, hier nun einige Bilder des finalen Onboarding-Prozesses.

Klarer Einsprung in den Onboarding-Prozess: Wenn wie in unserem Fall unterschiedliche Produkttypen vorhanden sind, erleichtern klare Einstiegspunkte die Auswahl und der User sieht später nur die Schritte, die wirklich relevant für ihn sind.

Schritt-für-Schritt-Anleitungen: Durch klare und visuell unterstützte Anweisungen wird der Nutzer durch jeden Schritt des Prozesses geführt.

Hilfestellungen und FAQs: Für den Fall, dass Nutzer auf Probleme stoßen, haben wir leicht zugängliche Hilfestellungen und eine umfangreiche FAQ-Sektion integriert.

Visuelles Feedback: Jeder abgeschlossene Schritt wird dem Nutzer durch visuelles Feedback bestätigt, wodurch Unsicherheiten vermieden werden.

Auf das Endergebnis sind wir sehr stolz und erste Nutzertests bestätigen uns auch darin, dass sich unsere Arbeit gelohnt hat!

Fazit

Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit unserem Kunden hat gezeigt, wie wichtig eine benutzerfreundliche Gestaltung des Onboarding-Prozesses ist. Durch die Anwendung bewährter UX-Methoden konnten wir eine App entwickeln, die die User begeistert.

Haben Sie Fragen oder wollen Sie ein Projekt mit uns umsetzen?

Michael Bischof — Kompetenz Mananger HCI

Hi, ich bin Michael. Haben Sie Fragen zu maßgeschneiderten und benutzerfreundlichen Onboardings? Kontaktieren Sie mich gerne per E-Mail.